Erhellendes aus der Vergangenheit: Augustas Serapinas und Su-Mei Tse in der Galerie Tschudi, Zuoz
Das knarrende Holzwerk und das brandschwarze Gemäuer im Turm der Galerie Tschudi erzählen ihre eigene Geschichte – und laden damit auch die hier präsentierte Kunst auf. Nun liess der Litauer Augustas Serapinas (geb. 1990, Vilnius) Schindeln, Scheiben und Balken zerfallener Hütten aus seiner Heimat nach Zuoz karren und in der Chesa Madalena neu aufeinanderschichten und ausrichten. Ein abgeflammtes Schindeldach platzierte er im Erdgeschoss, die mit pulverisiertem Altmetall geschwärzten Fensterscheiben im ersten Stock und die locker verzahnten Wände im Heustall nebenan. Su-Mei Tse (geb. 1973, Luxemburg) antwortet auf diese materialschwere Umformung historischer Bausubstanz mit suggestiven Lichtbildern. Ein Foto-Diptychon versetzt uns nach Delphi in eine karge Felslandschaft, deren Farbigkeit von unten nach oben unmerklich ausbleicht und so die darin eingebettete Theaterruine in graue Ferne rückt. Auch der antike Wagenlenker auf der zweiten Aufnahme ist mit Sockel und Füssen nur bruchstückhaft präsent. Doch das Wenige reicht, um eine Kaskade von Fragen auszulösen. Fragen zu dieser Ruinenlandschaft, die mal als Zentrum der Welt galt, und ebenso zu einer dörflichen, naturnahen Kultur, die – wie die Blockhütten – leise zerfällt.
Augustas Serapinas, Wood and Snow; Su-Mei Tse, Beyond, Galerie Tschudi, Zuoz, 17.12.–18.03.2023