The I in AICA: Meret Arnold
Wer ist AICA? Wir stellen unsere Mitglieder vor und fragen nach ihren Gewohnheiten beim Schreiben. Den Auftakt macht Meret Arnold. Ihre Zeit ist zwischen Kunstbulletin-Redaktion, freischaffender Tätigkeit und Familie dicht getaktet. Trotzdem findet sie stets präzise Worte für die Kunst. Und wenn’s happert, weiss sie Rat…
Was schreibst Du gerade?
Ich habe soeben einen etwas längeren Text zu einem Haus für einen Musiker im Piemont abgeschlossen. Fürs Kunstbulletin schreibe ich über Dan Flavin im Kunstmuseum Basel.
Wie gehst Du beim Schreiben vor, entwirfst Du von Hand, direkt am Laptop, nutzt Du KI…?
Da ich über Erfahrbares schreibe, entsteht vieles, während ich mich in der Ausstellung aufhalte und schaue. Ich notiere ungefiltert, den Text entwerfe und schreibe ich am Laptop. KI könnte ich mir als Quelle vorstellen, doch schreiben möchte ich selbst. Es geht mir nicht nur um den fertigen Text, sondern auch um die Arbeit des Schreibens.
Was machst Du, wenn es nicht gut läuft (Rituale)?
Ich bin eine langsame Schreiberin. Das zu akzeptieren, hat mir viel geholfen. Ich verbringe schreibend und nachdenkend gerne Zeit mit einem Werk. Wenn ich nicht weiterkomme, versuche ich mit dem Abschreiben eigener oder fremder Textstellen in den Fluss zu kommen oder ich schaue in den Garten.
Für wen schreibst Du?
Eigentlich wollte ich antworten: für mich selbst. Ich möchte beim Schreiben immer selbst etwas lernen. Aber vermutlich ist das nur die halbe Wahrheit. Siri Hustvedt sagte einmal, jedes Buch sei eine Hinwendung zu einer anderen Person, eine Hoffnung, verstanden zu werden. So schreibe ich wohl auch für die unbekannte Leserin, den unbekannten Leser. Und natürlich finde ich es gut, wenn Künstler:innen durch meinen Text vielleicht sogar eine neue Sichtweise auf das eigene Werk gewinnen.
Welchen tollen Text hast Du kürzlich gelesen?
Die Erzählung «Fussreise mit Adolf Dietrich» von Beat Brechbühl, ein Text von 1999, der 2022 im Bilger Verlag neu aufgelegt wurde. Wie sich die fiktive Wanderung mit dem Maler immer stärker in eine Sehreise auflöst, ist sehr poetisch und vermittelt zugleich einnehmend Leben und Werk dieses Künstlers.
Über welchen Text hast Du dich geärgert? Wieso?
Einen Pressetext zu einem Kunstprojekt. Nach wenigen Klicks zeigten sich mir die Quelltexte, aus denen der Text zusammengesetzt war. Am meisten dabei ärgerte mich nicht das Abschreiben, sondern die mangelnde Sorgfalt und Neugierde sowie das Trittbrettfahren mit etablierten Namen.
Hast Du es schon bereut, einen Text veröffentlicht zu haben? Hat Dich schon mal ein Text eingeholt?
Nein. Es gibt Texte, bei denen ich merke, dass mich ein Thema zu stark hineingezogen hat – man entdeckt ja immer so viel Neues! – und ich mein Produkt ein wenig aus den Augen verloren habe. Aber auch diese Texte lese ich immer noch gerne, nur würde ich sie jetzt anders schreiben.
Kannst Du vom Schreiben leben?
Nein. Das Schreiben ist zwar die Konstante in meinem Berufsleben und mein Handwerk, doch Texte über Kunst zu publizieren geschah immer als Zugabe. So nah am Text wie jetzt auf der Redaktion des Kunstbulletin war ich noch nie – aber auch hier schreibe ich eigene Texte freischaffend, ausserhalb der Bürozeiten.
AICAramba, was muss sich ändern?
Zum Donnerwetter! Lasst es blitzen, wenn ein neuer Text auf dem Blog erscheint, sonst ziehen die Ereignisse ungesehen an mir vorbei.
Meret Arnold, freie Autorin und Redaktorin beim Kunstbulletin, lebt in Zürich.